sweets processing 1-2/2022

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

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Bestimmung von Fettreifbildung „am Fließband“

Ob Nougat, Marzipan oder Gebäck: eine große Vielzahl an Produkten wird mit einem Überzug aus Schokolade veredelt. Der feine Überzug sorgt nicht nur für einen tollen Geschmack, sondern verleiht dem Produkt auch eine ansprechende Optik. Tritt der sogenannte Fettreif auf, wird aus dem Augenschmaus jedoch schnell das Gegenteil.


Schokolade hat bei uns einen enorm hohen Stellenwert. Entsprechend hoch sind auch die Erwartungen der Konsumenten an ein Schokoladenprodukt. Eine glänzende Oberfläche und ein gewisser Knack sind für Schokolade ein absolutes Qualitätskriterium. Leider neigen Produkte, die mit Schokolade überzogen werden, häufig dazu, genau diese Eigenschaften mit der Zeit zu verlieren: Die Schokolade wird weich, und im Extremfall bildet sich sogar sogenannter Fettreif, ein deutlich sichtbarer Grauschleier auf dem Produkt.

Dieser Qualitätsverlust bei schokoladenüberzogenen Produkten tritt meist während der Lagerung auf. Ursache hierfür ist die Migration von Füllungsfetten aus dem Produkt in die Schokolade. Füllungsfette gelangen jedoch nicht nur erst während der Lagerung in die Schokolade: Auch bereits in der Produktion reichern sich Füllungsfette in der Schokolade an.

Die Produkte werden in den Überziehanlagen mit reichlich geschmolzener Schokolade umhüllt. Ein Teil dieser Schokolade fließt von den Produkten wieder ab, wird aufgefangen und in den Kreislauf der Überziehanlage zurückgeführt. Die geschmolzene und warme Schokolade löst auf diese Weise einen Teil des Fettes von der Oberfläche des Produktes ab. Durch die Rückführung dieser Schokolade gelangen somit Füllungsfette in den Prozesskreislauf und reichern sich mit der Zeit an. Die Folge ist, dass zu Beginn des Prozesses Produkte mit hoher Qualität produziert werden, während die Qualität mit fortschreitender Produktion durch die Anreicherung von Füllungsfetten in der Überziehanlage stetig abnimmt.

Wieviel Füllungsfett sich im Laufe der Produktionszeit in einer Anlage anreichert, hängt von einer Vielzahl von Faktoren ab: Einerseits spielen Größe und Durchsatz der Anlage eine wichtige Rolle, andererseits hängt der Eintrag von Füllungsfetten auch vom Produkt selbst ab. Fettreiche Produkte mit einer großen Oberfläche führen zu einem größeren Eintrag von Füllungsfetten als fettarme Produkte mit einer geringen Oberfläche. Der absolute Eintrag an Füllungsfetten während der Produktion lässt sich entsprechend schwer aus reinen Erfahrungswerten ableiten.

Eine regelmäßige Beprobung der Anlage und anschließende Labor-Analytik der gezogenen Proben wäre denkbar, doch ist der entsprechende Aufwand sehr hoch, und das Laborergebnis würde um Stunden oder sogar Tage zeitverzögert beim Maschinenbediener eintreffen. Eine Prozesskontrolle ist so nicht umsetzbar.

Eine schnelle und unkomplizierte Möglichkeit der Prozesskontrolle bietet die Infrarotspektroskopie. Mit diesem Verfahren, hier insbesondere der Mittelinfrarotspektroskopie, lässt sich die chemische Zusammensetzung einer Probe zerstörungsfrei und ohne Einsatz von Chemikalien messen. Chemische Veränderungen in der Probe, etwa der Fettgehalt oder der Fremdfettgehalt in Schokolade, sind innerhalb von Sekunden bis wenigen Minuten zu erfassen.

Das kompakte Design solcher auf Infrarotspektroskopie basierenden Messsysteme bietet deutliche Vorteile hinsichtlich der Integration einer solchen Technik. So ermöglicht die Installation in der Rohrleitung die Integration einer Prozesskontrolle in bereits bestehenden Anlagen, wie zum Beispiel Überziehanlagen. Die Mittelinfrarotspektroskopie bietet in Kombination mit der optischen Anordnung der sogenannten abgeschwächten Totalreflexion die Möglichkeit, pastöse Stoffe zu analysieren.

Die Firma LiquoSystems hat hierzu gemeinsam mit dem Fraunhofer-Institut für Verfahrenstechnik und Verpackung (IVV) Lösungen entwickelt: Zum einen ist ein prozessintegrierbares In-Line-Mess- und -Analysemodul zur Installation in der Rohrleitung erhältlich. Zum anderen wurde auch ein Handgerät zur Echtzeitbestimmung des Füllungsfettanteils neben der Anlage (at-line) entwickelt.

Die entwickelten Lösungen können eingesetzt werden, um den Eintrag unerwünschter Füllungsfette in Überziehanlagen zu erfassen. Dieser Eintrag lässt sich somit während der Produktion mit Hilfe der Mittelinfrarotspektroskopie automatisiert messen. Dadurch kann bereits im Prozess frühzeitig die Qualität der Schokolade bestimmt und daraus deren Anfälligkeit für die Bildung von Fettreif während der Lagerung abgeleitet werden.

Die Informationen zur Fettreifbildung während der Lagerung lassen sich somit bereits während der Produktion erheben und müssen nicht in langwierigen Lagerversuchen ermittelt werden. Dieses direkte Feedback aus dem Prozess ermöglicht es, den Prozess selbst und damit die Qualität der Produktion direkt und aktiv zu steuern. Durch geeignete Steuerungsmaßnahmen können eine höhere und gleichbleibende Produktqualität erzielt und ebenso längere Maschinenlaufzeiten erreicht werden.

Neben dem Fettgehalt und dem Fremdfettgehalt können weitere Informationen aus dem Prozess gewonnen werden. Mit Hilfe der Mittelinfrarotspektroskopie lassen sich zusätzlich beispielsweise der Zuckergehalt, der Kakaoanteil, das Verhältnis von Glucose zu Fructose und viele weitere Parameter erfassen. Damit ist der Einsatz der Infrarotspektroskopie nicht nur auf Überziehanlagen begrenzt, sondern in vielen weiteren Bereichen der Schokoladen- oder Lebensmittelproduktion allgemein denkbar.

 

http://www.ivv.fraunhofer.de


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