sweets processing 1-2/2019

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

ZDS

 
 
 
 
 
 
 

Die Zukunft der Schokolade im Blick

Viel Neues erfuhren die rund 300 Teilnehmer des dreitägigen Schokoladen-Fachkongresses Choco-Tec, der kürzlich in Köln stattfand. Die von der Zentralfachschule der Deutschen Süßwarenwirtschaft (ZDS) organisierte Vortragsveranstaltung wurde ergänzt durch eine informative Ausstellung von 39 Unternehmen sowie durch eine wissenschaftliche Poster-Ausstellung – jeweils verbunden mit interessanten Kurz-Referaten.

Von Dr. Bernhard Reichenbach


Am ersten Veranstaltungstag beleuchtete die Choco-Tec das Thema „Globale Markt- und Produkttrends“. Roman Müggler von Barry Callebaut Sourcing verwies darauf, dass der Kakaomarkt nicht zuletzt aufgrund spekulativer Einflüsse sehr volatil ist und starke Preisschwankungen kennzeichnend sind. So fiel der Kakaopreis zwischen Mitte 2016 und Anfang 2018 von 2500 auf 1400 EUR/t. In den vergangenen Monaten pendelte er sich zwischen etwa 1500 und 1700 EUR/t ein. „Dies bedeutet eine ausgeglichene Situation zwischen einer derzeit starken Nachfrage und einem ausreichenden Angebot aufgrund guter Ernten“, so Müggler.

Von den rund 4,6 Mio. t Kakao, die 2017/18 erzeugt wurden, entfielen 76 % auf Afrika, 17 % auf Südamerika und nur noch 7% auf Asien – 2007/8 waren bei einer Kakaoernte von rund 3,7 Mio. t noch 16 % auf Asien entfallen und lediglich 7 % auf Südamerika. Einer der Gründe: In den vergangenen Jahren wurde Ecuador infolge erheblich gesteigerter Produktivität zum drittwichtigsten Erzeugerland hinter der Elfenbeinküste und Ghana.

Über die jüngsten Definitionen und Entwicklungen bei Schokolade informierte Dr. Christina Rhosius von Rausch Schokoladen. Sie machte deutlich, dass der Markt im Wandel begriffen sei. Die Konsumenten entwickelten hinsichtlich ihrer Ernährung ein neues Bewusstsein und neue Wünsche. Attribute wie „gesund“, „biologisch“ und „qualitativ hochwertig“, aber auch „fair gehandelt“ und „transparent produziert“ würden immer wichtiger. Demzufolge wachse der Markt für spezielle Kakaosorten und handwerklich hergestellte Schoko­laden stark. Es entstünden neue Klein(st)betriebe, neue Produkte würden entwickelt, und auf Zertifizierungen würde immer mehr Wert gelegt. Neue Organisationen, Institutionen und Veranstaltungen würden ins Leben gerufen, um – ähnlich wie bei Wein – die Produkte vorzustellen, zu klassifizieren, zu bewerten und zu prämieren.

Der zweite Tag der Veranstaltung widmete sich den Zutaten und deren Verarbeitung. Kay Schumacher von Bösch Boden Spies unterstrich die ­Bedeutung der unterschiedlichen Texturen von cremig und zart bis hin zu knusprig und knackig für das ­Geschmackserlebnis. Er zeigte auf, wie sich mit Trockenfrüchten, Nüssen und Samen – die allesamt optische, geschmackliche und gesundheitliche Vorteile bieten – ein attraktiver Produktauftritt und ein verbessertes ­Geschmackserlebnis herbeiführen lässt. So schlug er unter anderem eine Lösung für das Problem vor, dass in Süßwaren der Schokoladen­geschmack den Fruchtgeschmack oft überlagert. Er empfahl, den Schoko­ladenanteil durch die Zugabe etwa von gepufftem Reis zu reduzieren, ­wodurch sich der Einsatz von zusätz­lichem Aroma erübrige.

Die Schokoladenproduktion in kleinem Maßstab thematisierte Julia Cierjacks von der ZDS. In Verbindung mit dem zunehmenden Qualitäts- und Nachhaltigkeitsbewusstsein wächst auch der „Bean-to-Bar“-Markt stetig: Derzeit sind laut Referentin weltweit 215 Unternehmen in diesem Bereich aktiv, wovon 91 auf Europa und 86 auf Amerika entfallen – Tendenz steigend. Sie benötigen leistungsfähige Produktionssysteme für kleine Chargen, doch hier ist die Zahl der Hersteller recht überschaubar. Cierjacks zeigte neben verschiedenen kleinen Einzelmaschinen zum Verarbeiten der Kakaobohnen auch Komplettlösungen. Besonders interessant war eine innovative Lösung des Herstellers Tecno 3 für die „Bean-to-bar“-Produktion kleinerer Schokolademengen, die mit nur zwei Maschinen auskommt: der Multiprocess R sowie der Multiprocess C.

Über diese Kompakt-Lösung informierte auch Geert De Smeyter an ­einem Ausstellungsstand der Firma Tecno 3 sowie in einem Kurzvortrag in der „Speakers Corner“. Die mobile Mini-Linie Multiprocess R (bis 30 kg/Charge) ist konzipiert für die zügige Produktion kleiner Mengen von Kakao­nibs binnen einer Stunde, aber auch zum Verarbeiten von Haselnüssen, Mandeln und dergleichen. Sie erledigt die erste Phase des „Bean-to-Bar“-Prozesses mit dem Trocknen, Rösten, Sterilisieren und Zerkleinern der Kakaobohnen sowie das Sieben und Trennen von Schalen and Nibs. Die Multiprocess C (bis 50 kg/Charge) verwandelt Kakaonibs binnen zwei Stunden in Flüssigschokolade. Die Nibs werden gemahlen, in Masse umgewandelt und mit anderen Zutaten gemischt. Anschließend wird die ­Paste feingewalzt und conchiert.

Der dritte Veranstaltungstag beschäftigte sich mit der Zukunft der Schokolade – vom Schokoladendrucken über die individualisierte Massenfertigung bis zur „intelligenten“ Schokoladenfabrik. Manuel Bruck von Mitaneo ­berichtete über die „individuelle Massenfertigung von Schokoladentafeln“. Deren wichtigstes Instrument sei der Konfigurator, mit dessen Hilfe sich der Kunde das Produkt exakt so zusammenstellen kann, wie er es sich wünscht, etwa ein „eigenes“ Produkt für jedes Familienmitglied. „Theoretisch sind unbegrenzte Variantenkombinationen möglich“, erklärte Bruck. „Produziert wird nicht vorab auf Lager, sondern direkt auf Bestellung. Somit entfallen Bestands- und Kapitalbindungskosten für Fertig- oder Halbfertigwaren.“ So entstünden auch keine Verluste infolge von Preisnachlässen auf überschüssige Produkte; ­typische Fixkostenblöcke würden abgebaut. Die Beziehung zwischen ­Kunde und Hersteller werde enger. Mehr Informationen seitens der Kunden führten zu stetig verbesserten Produkten, und zufriedene Kunden würden zu Werbebotschaftern.

Die individualisierte Massenfer­tigung benötige eine „intelligente“ Fabrik, postulierte Manuel Höhener von Bühler in seinem Vortrag über die „Smart Chocolate Factory“ und das „Industrial Internet of Things“. Die sinnvolle Auswertung gesammelter und stets verfügbarer Informationen auf Datenbasis erhöhe die Transparenz entlang der Wertschöpfungs­kette und ermögliche eine besser ­gesteuerte, reaktionsschnellere und agilere Produktion. „Möglich ist die datenbasierte Selbstoptimierung der vollständig integrierten Wertschöpfungskette“, sagte Höhener. So ­würden Probleme schnell erkannt, Ausschuss und Abfall reduziert, Energie sowie Rohstoffe eingespart und letztlich die Effizienz und Wirtschaftlichkeit gesteigert. Wichtig sei dabei, nicht Altes zu digitalisieren, sondern neue Wege zu beschreiten.

 

http://www.choco-tec.com


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