sweets processing 7-8/2021

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

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„Wir sprechen eure Sprache!“

Herbert Hahnenkamp, General Manager für D-A-CH bei SACMI Packaging & Chocolate, spricht über die Historie von SACMI und die ambitionierten Ziele, die der erfahrene Experte in den kommenden fünf Jahren verwirklichen und wie er vor allem die KMU erreichen möchte.

Von Hans Strohmaier


Seit Januar 2021 verantwortet Herbert Hahnenkamp als General Manager die Geschäftsentwicklung von SACMI Packaging & Chocolate im deutschsprachigen Raum, unterstützt von Simone Seitz. Mit seinem Team an Vertriebs- und Servicekräften will der gebürtige ­Wiener die italienischen Marken in den kommenden Jahren wieder nach vorn bringen.

sweets processing: Herr Hahnenkamp, im Gegensatz zu Ihrem letzten Arbeitgeber, dem Weltkonzern Ishida, ist SACMI Packaging & Chocolate hierzulande eher wenig bekannt. Doch der Schein trügt, denke ich. Herbert Hahnenkamp: Durchaus. Zwar ist die 2018 neu geschaffene Business Unit derzeit noch wenig in den Köpfen verankert. Doch wenn wir die einzelnen Marken von SACMI Packaging & Chocolate nennen, ­nämlich Carle & Montanari im Bereich Schokoladenherstellung sowie OPM im Verpackungssektor, dann ist den Experten die Bedeutung unseres Geschäftsbereichs sofort klar. Diese großartigen Namen des italienischen Maschinenbaus für Süßwaren und ­Lebensmittel profitieren schon länger von der Integration in die starke ­Unternehmensgruppe SACMI.

SACMI selbst wurde vor 100 Jahren von einer Gruppe von Ingenieuren in Imola gegründet und ist heute mit weltweit 80 Tochtergesellschaften ­klarer Marktführer bei Maschinen und Pressen für die Keramikherstellung. Allein in Deutschland gibt es vier Tochterbetriebe. Die Gruppe beschäftigt rund 4.500 Mitarbeitende und kommt auf einen Jahresumsatz von mehr als 1,4 Milliarden Euro. Schoko­lade und Verpackung steuern in etwa zehn Prozent zum Umsatz bei.

sp: Wie kam der Konzern überhaupt in den Schokoladen- und Süßwarenbereich?
Herbert Hahnenkamp: Mit Anlagen für die Getränkeindustrie war SACMI bereits im Lebensmittelbereich aktiv, als sich im Jahr 2001 die Möglichkeit ergab, die renommierte Firma Carle & Montanari (C & M) zu übernehmen. Das Traditionsunternehmen, das 1907 von Enrico Carle gegründet wurde, gehört mit über 1.000 ausgelieferten Anlagen weltweit zu den Top 3 der Maschinenbauer im Schokoladensegment. Mit dem Zusammenschluss von Carle & Montanari Wrapping Systems und FIMA im Bereich der Wickel­maschinen sowie der Übernahme von OPM im Jahr 2012 erwarb sich SACMI zudem eine immense Kompetenz im gesamten Verpackungsbereich für Süßwaren. Immerhin war OPM 1978 in Alba gegründet worden und hat sich mit speziellen Lösungen und ­Anwendungen bei Primär- und Sekundärverpackungen für Schokoladenprodukte ein enormes Know-how erarbeitet. 2018 entstand daraus die Business Unit SACMI Packaging & Chocolate mit Hauptsitz in Imola.

sp: Somit kann SACMI Packaging & ­Chocolate für die Schokoladenproduktion alles aus einer Hand liefern?
Herbert Hahnenkamp: Ja, genau. Wir können heute im Schokoladen­bereich als einziges Unternehmen weltweit Maschinen und komplette ­Linien für den gesamten Prozess ­anbieten – von der Kakao-Rohmasse bis zur Palette. Gemeinsam mit unseren Kunden sind wir immer bestrebt, die besten Maschinen zum Mischen, Raffinieren, Conchieren, Temperieren, Formen sowie Einwickeln und Ver­packen jeder Art von schokoladen­basierten Produkten zu entwickeln und zu implementieren. Auch Schlauch­beutelmaschinen und Flow-Packaging sowie Lösungen für die Sekundärverpackung gehören zum Portfolio. Heute verfügt SACMI Packaging & Choco­late über drei Fabriken: ein Werk für Formanlagen von C & M in Mailand, eine Fabrik für Primär- und Sekundäranlagen in Alba sowie eine Produktionsstätte für alle Arten von Wickelmaschinen in der Nähe von Bologna. Aktuell kommt noch eine vierte ­Business Unit mit Aufrichtemaschinen für Trays und einfache Kartonver­packungen hinzu.

sp: In der süßen Branche im deutschsprachigen Raum ist diese geballte Kompetenz in der Wahrnehmung noch ein wenig unterrepräsentiert.
Herbert Hahnenkamp: Da haben Sie Recht. Deshalb ist es auch eine ­unserer Prioritäten zum Start, den Markennamen wieder aufzubauen. Dazu arbeiten wir mit einer spezialisierten Agentur zusammen. Unsere Anlagen sind bei allen großen Konzernen im Einsatz; so wird beispielsweise jede Tafel einer äußerst bekannten Schokoladenmarke weltweit auf einer unserer Anlagen produziert. Doch das wissen nur wenige. Das wollen wir aber nun mit der eigenen Mannschaft für D-A-CH ändern. Das einzigartige Lösungsportfolio und der enorm hohe Fokus auf die Bedürfnisse unserer Kunden bilden eine ­hervorragende Basis, um den Vertrieb und das Marketing im deutsch­sprachigen Raum zu intensivieren.

sp: Welche Zielgruppe wollen Sie ­besonders ansprechen?
Herbert Hahnenkamp: Unsere Zielgruppe sind vornehmlich Schoko­laden- und Süßwarenhersteller, aber auch industrielle Bäckereien. Im Pack­aging-Bereich ist der Wirkungskreis dagegen weiter definiert; da bedienen wir beispielsweise auch Kunden, die Infusionsbeutel mit unseren Maschinen verpacken. Wir haben mit den Verantwortlichen der Muttergesellschaft in Imola einen Fünf-Jahres-Plan erstellt. Wir wollen in dieser Zeit vor allem die Marktabdeckung deutlich erhöhen. In den vergangenen fünf Jahren hat SACMI in D-A-CH ins­gesamt 42 Millionen Euro erlöst – mit 18 Kunden. Wir haben nun in einem ersten Arbeitsschritt rund 1.500 ­potenzielle Kunden aufgelistet, mit denen wir in Kontakt treten möchten.

sp: Ist D-A-CH die erste eigene ­Vertriebsgesellschaft bei SACMI ­Packaging & Chocolate?
Herbert Hahnenkamp: Nein, vor zweieinhalb Jahren gab es die Pre­miere mit SACMI USA Inc. Inzwischen kann das Team dort mit 30 Leuten schöne Erfolge vorweisen. In Europa war SACMI Polska die erste eigene V­ertriebsgesellschaft mit nun auch 30 Personen. Und so fiel die Ent­scheidung, SACMI Swiss zur eigenen Vertriebsgesellschaft D-A-CH zu ­erweitern. Wir sind mit 13 Mitarbeitern gestartet, vier im Vertrieb und neun in Service und Engineering. Wir wollen in fünf Jahren einen Jahresumsatz von rund 25 Mio. Euro erreichen.

sp: Welche Erfahrungen haben Sie in den ersten Monaten gesammelt? Und wie sehen Sie derzeit das Inves­titionsklima im Süßwarenbereich?
Herbert Hahnenkamp: Wir haben beobachtet, dass bis zur Jahresmitte 2020 eine große Verunsicherung im Markt herrschte. Und so waren die ­Unternehmen erstmal sehr zurückhaltend. Dann aber hat sich gezeigt, dass die Nachfrage der Verbraucher nach Süß- und Backwaren sowie nach den Salzigen Snacks stark wächst. In der zweiten Jahreshälfte kamen sehr viele ­Anfragen rein und auch die ersten Bestellungen.

Wir sehen, dass hohe Investitionssummen bereitgestellt werden. Und genau in dieser Phase müssen Sie ­bereit sein. Da können wir mit unserer immensen Expertise und unseren ­besonderen Lösungen punkten. In Deutschland produzieren natürlich ­alle unsere größten Wettbewerber. Das ist eine Herausforderung, der wir uns stellen müssen und auch stellen wollen. Zugleich ist der Druck da, weiter zu automatisieren, auch bei kleineren und mittelständischen Betrieben. Auch KMU wollen und werden nachrüsten, die Größe ist nicht unbedingt ausschlaggebend. Die Mittelständler müssen über den Tellerrand blicken und Faktoren wie etwa Price-per-Pack in ihre Investitionsentscheidungen mit einfließen lassen. In diesem Punkt hilft uns natürlich der Background mit dem Konzern. SACMI ist in Besitz von 380 Genossenschaftern/-innen, und die Konzernspitze hat die Vor­gabe, nur zehn Prozent an Rendite auszuzahlen. Der Rest muss reinvestiert werden. Daher haben wir ganz andere Möglichkeiten etwa über intelligente Finan­zierung nachzudenken, und über die ­Frage, ob und wo wir in Vorleistung gehen könnten.

sp: Welche Faktoren sind im Kontakt mit dem Mittelstand entscheidend?
Herbert Hahnenkamp: Effizienz be- deutet auch für mittelgroße Betriebe, dass die Anlagen und Maschinen ­heute rund um die Uhr laufen und möglichst flexibel sein sollten. Da ist zum Beispiel Fernwartung ein ganz wichtiger Punkt. Generell spielt der After-Sales-Bereich im Maschinenbau eine immer größere Rolle – keiner kann sich mehr einen längeren Produktionsausfall leisten. Dem wollen wir mit unserer Struktur gerecht werden.

KMU haben generell einen höheren Beratungsaufwand, und deshalb ist lokale Nähe und Regionalität sehr wichtig. Dies bedeutet, Simone Seitz wird die Märkte in Deutschland und in der Schweiz betreuen, und ich ­kümmere mich um die Kunden in ­Österreich. Wir werden demnächst neben unserem Sitz in Neuhausen am Rheinfall in Schwäbisch Hall einen zweiten Standort beziehen, um unseren Kundendienst noch effizienter und schneller zu machen. Wir signalisieren damit: Wir sind nah dran, wir sprechen eure Sprache! Und wir übernehmen Verantwortung.

sp: Welche Angebote können Sie den KMU machen?
Herbert Hahnenkamp: Oft werden wir nur mit den Großkonzernen in ­Verbindung gebracht; doch wir haben im Portfolio auch kleine Maschinengrößen runter bis auf 400 bis 600 ­Kilogramm im Bereich Prozess- und Schokoladenform-Anlagen. Wir haben uns hier massiv weiterentwickelt und viele Produkte neu entwickelt, die ­ideal für KMU sind. Zumal, wenn diese wieder beginnen wollen, ihre Schokolade selbst von der Bohne auf zu produzieren – ein deutlich sicht­barer Trend im Markt.

Andererseits hat SACMI in den ­vergangenen drei Jahren mehr als 150 Millionen Euro in Forschung und Entwicklung investiert – auch, um die ­eigenen Mitarbeiter zu schulen und zu trainieren, denn ein Unternehmen kann nur mit professionellen, gut ausgebildeten Mit­arbeitern wachsen. Da stehen Grundlagentechnologien und Industrie 4.0 im Fokus, aber auch ­Advanced Materials. Das hilft uns etwa im Papierfolienbereich enorm. Papierfolien sind für uns mit das heißeste Thema. In diesem Bereich sehen wir derzeit die größten Innovationsmöglichkeiten.

sp: Hinzu kommt, dass sich die ­Nutrition-Trends ändern.
Herbert Hahnenkamp: Auch darauf achten wir. Die Produktentwicklung ist ja nicht stehengeblieben. Wir sehen, dass der Konsum solider Produkte seit einiger Zeit rückläufig ist. Der Trend geht zu Füllungen, positiv besetzten Ingredients, zu Inklusionen und Exklusionen. Dies alles können wir mit unseren Maschinen abdecken.

sp: Wir sehen auch einen zunehmenden Druck auf die Hersteller, durch ­öffentliche Debatten um Nachhaltigkeit, Klimaschutz und Fairness. Betrifft das auch Sie?
Herbert Hahnenkamp: Natürlich. Energieeffizienz und CO2-Reduk­tion sind ja schon lange ein Thema. Alle großen Firmen erstellen mittlerweile ihre Sustainability Reports. Doch es ist schwierig, Anlagen im Hinblick auf die Energie-Basis zu vergleichen. Dies fließt heute schon in die Angebots­erstellung mit ein. Wir müssen be­legen, welche Maßnahmen wir in ­diesem Bereich ­getroffen haben. Jetzt sind, wie ­gesagt, plötzlich faserbasierte Schlauchbeutel bei unseren Kunden und im Handel ganz groß auf der Agenda. Wir bieten – wie andere auch – bereits eine Schlauchbeutelmaschine für Papierbeutel an. Die Herausforderung dabei ist, dass zwar alle gerne Papier verwenden wollen, aber die Maschinen in der gewohnten Geschwindigkeit wie bei den bisherigen Folienbeuteln laufen sollen. Wenn die öffent­liche Aufmerksamkeit in diesem Punkt so weitergeht, werden selbst die Zuckerwarenhersteller bald mit dieser Problematik konfrontiert sein.

 

http://www.sacmi.com


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