sweets processing 7-8/2021

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

ZDS

 
 
 

Lebensdauer hochbelasteter Schokoladenformen verlängern

Schokoladenformen sind während des Umlaufs durch Dosieranlagen starken Belastungen ausgesetzt. Chemische Einflüsse durch Reinigungsmittel sowie mechanische Einflüsse durch Schläge, Twisten, Abreibung und Temperaturschwankungen sind hinreichend beschrieben. Der Einfluss von Vibrationen wird jedoch häufig unterschätzt.


Um die Formen weiter zu verbessern und den Kunden Hinweise für die Handhabung der Formen zu geben, hat sich die Firma Hans Brunner GmbH genauer mit diesem Thema beschäftigt. Im Rahmen eines vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) ge-förderten Projektes (Zentrales Inno-vationsprogramm Mittelstand ZIM) wurden die Zusammenhänge und die Entstehung vibrationsbedingter Schadensbilder zusammen mit dem Institut für Kunststofftechnik der Universität Stuttgart (IKT) analysiert.

In seltenen Fällen wurde beobachtet, dass Formen bereits nach kurzer Nutzungsdauer starke Rissbildung zeigen. In diesen Fällen konnten Fehlerursachen wie herstellungsbedingte Spannungen oder Binde-nähte ausgeschlossen werden. Die Reinigungsparameter waren ebenfalls unauffällig.

Besonders fielen in all diesen Fällen die intensiven Vibrationen in den Rüttelstrecken der Dosieranlagen auf. Das Rütteln erfolgt unmittelbar nach dem Dosieren, um die Schokoladenmasse in den Kavitäten der Formen zu verteilen. Zudem konnte festgestellt werden, dass es sich meist um Tafeln oder Riegel handelt, bei denen die dosierte Schokoladenmasse eine hohe Viskosität aufweist und die Artikel tendenziell flach und großflächig waren. Die Verteilung der Schokolade ist in diesen Fällen eine echte Herausforderung.

Zur Analyse wurden die Formen mit einem hochauflösenden Datenlogger ausgestattet, um Beschleunigungswerte über den gesamten Produktionszyklus zu erfassen. Die Untersuchung ergab, dass keine resonanten Anregungsfrequenzen vorlagen, sondern große Schwingungsamplituden. Der Datenlogger zeichnete extrem hohe Beschleunigungswerte mit wechselnden Vorzeichen auf, durch die sich diese großen Ampli-tuden erklären. Die gemessenen Beschleunigungen reichten bis zum 200-Fachen der Erdbeschleunigung.

So entstehen schon nach wenigen Zyklen Risse, die letztlich zum Formenbruch führen können. Es handelt sich dabei nicht um einen klassischen Ermüdungsbruch, sondern um einen Schwingungsbruch durch Überbelastung. Mit Hilfe der Logger-Daten wurde die Rüttelstrecke als kritischster Abschnitt im Schokoladenherstellungsprozess für die Vibrationsbelastung identifiziert. Die Schwingungsamplitude hat den mit Abstand stärksten Einfluss auf die Rissbildung. Daher gehen die Lösungsansätze in diese Richtung.

Simulationen zeigten, dass extrem versteifte Formen mit kleinen Amplituden schwingen. Schon geringfügig kleinere Amplituden erhöhen die Lebenserwartung der Formen deutlich. Dies kann durch eine speziell angepasste Geometrie der Rippenstruktur erreicht werden. Dabei gibt es allerdings starke Einschränkungen durch das Spritzgießverfahren und die Anforderungen der Gießanlage.

Auch im Gießprozess lassen sich Maßnahmen ergreifen, mit denen die Verteilung der Schokoladenmasse in der Kavität erleichtert wird. Um die Viskosität der Schokoladenmasse zu verringern, können die Formen vorgewärmt werden oder der Schoko-lade Zusätze zugefügt werden, die die Schokolade flüssiger machen. Auch das Dosieren mit mehreren Düsen und das seitliche oder längsseitige Verfahren der Düsen während des Dosierungsprozesses sind geeignete Maßnahmen, um die Schokolade günstiger in den Kavitäten zu verteilen.

Anschließend sollte nach Möglichkeit die gesamte Länge der Rüttelstrecke ausgenutzt werden, um die der Kavität erst kurz vor Erreichen des Streckenendes komplett auszufüllen. Das würde bedeuten, dass die Vibrationsintensität heruntergesetzt wird, um den schädlichen Einfluss extremer Schwingungsampli-tuden zu reduzieren.

Ein Kunde hat diese Erkenntnisse bereits genutzt und die hohe Belastung seiner Formen mit einfachen organisatorischen Änderungen reduziert. Ursprünglich wurde dort die Rüttel-strecke grundsätzlich auf den „Worst Case“ eingestellt. Alle anderen Artikel auf dieser Anlage wurden dann ebenfalls mit diesen Parametern produziert.

Das „Worst-Case“-Produkt war eine Tafel aus weißer Schokolade mit einem hohen Anteil verschiedener fester Ingredienzien. Diese hochviskose Masse lässt sich nur sehr schwer gleichmäßig in den Kavitäten verteilen. Nachdem die Rüttelintensität für diesen Artikel zunächst möglichst weit reduziert wurde, wurden die Vibrationsparameter für die weniger kritischen Artikel zum Teil deutlich verringert. Das Ergebnis ist eine deutlich längere Lebensdauer der Formen.

Im letzten Abschnitt des Forschungsprojektes werden Versuche mit einem Prüfstand durchgeführt. Darauf werden die Schwingungsbedingungen in den Dosieranlagen nachgebildet. Die Erwartung der Formenlebensdauer soll abhängig von der Schwingungsamplitude in einem mechanischen Versuch ermittelt und mit den Simulationsergebnissen abgeglichen werden. Ziel ist, den Kunden eine Vorstellung zu geben, wie die Schwingungsamplituden die Lebensdauer der Formen beeinflussen. Die daraus gewonnenen Informationen können als Basis für die Investitionsentscheidung zur Prozessverbesserung dienen. So lässt sich auch das Risiko durch defekte Formen reduzieren.

 

http://www.hansbrunner.de


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