Viel Neues erfuhren die mehr als 400 Teilnehmer des dreitägigen internationalen Schokoladen-Fachkongresses Choco Tec 2022, der kürzlich in Köln stattfand. Die von der Zentralfachschule der Deutschen Süßwarenwirtschaft (ZDS) organisierte Vortrags- veranstaltung wurde ergänzt durch eine informative Foyer-Ausstellung mit 42 Unter- nehmen sowie durch eine Ausstellung mit 32 wissenschaftlichen Postern – jeweils verbunden mit einem interessanten Kurz-Referat.
Von Dr. Bernhard Reichenbach
Der diesjährige Choco-Tec-Kongress deckte ein breites Themenspektrum ab, das über die gesamte Prozesskette der Schokoladenherstellung reichte. Vorgestellt wurden neue Zutaten ebenso wie innovative Produktionstechnik sowie zukunftsfähige Verpackungslösungen. Dabei standen die gegenwärtigen und zukünftigen Herausforderungen sowie der Aspekt der Nachhaltigkeit im Vordergrund. Dies galt auch für den Vortrag „Ganzheitliche Nutzung der Kakaofrucht: Produkte, Chancen und Herausforderungen“ von Hauke Will, Leiter landwirtschaftliche Produktion beim Schokoladenproduzenten Alfred Ritter.
Die ganzheitliche Nutzung der Kakaofrucht ist eines der aktuellsten Themen in der Kakaobranche. Bislang gab es nur eine Nachfrage nach Kakaobohnen, insbesondere für die Schokoladenindustrie, doch die natürlich vorkommende Frucht bietet mehr. Heute ist klar, dass es mindestens zwei Hauptargumente gibt, um mehr als nur die Bohnen zu nutzen: zum einen die Wertschöpfung für die Bauern und die Erhöhung ihres Einkommens sowie zum anderen die Tatsache, dass es sich um ein Naturprodukt handelt, das mehr bietet als nur die Bohnen. „So kann etwa die äußere Schale als natürlicher Dünger, aber auch in Pulverform als Backzutat dienen“, erklärte Hauke Will. Die Pulpa – die weißliche, saftige Haut, die die Bohnen umhüllt – kann zur Gewinnung von Saft, Konzentrat oder Süßungsmittel genutzt werden. Das Konzentrat, wiederum, eignet sich beispielsweise als Füllung von Schokolade, aber auch zur Herstellung alkoholischer und nichtalkoholischer Getränke.
Auf einen weiteren Trend im Zutaten-Bereich verwies Ilaria Chiala, Sortimentsmanagerin Füllungen und Überzüge bei Barry Callebaut, in ihrem Vortrag „Der Plant-based Boom: Wie man Flexitarier zufriedenstellt“. Sie zeigte auf, dass der Markt für pflanzliche Nahrungsmittel wächst, ja boomt, und dass insbesondere die jüngere Generation erwartet, dass noch mehr pflanzliche Alternativen angeboten werden. „Die Verbraucher suchen nach bewusstem Genuss, wobei ihnen Nachhaltigkeit besonders am Herzen liegt“, erklärte Ilaria Chiala. Dabei seien „Flexitarier“ die treibende Kraft, für die zwei Gründe wichtig seien: „Vegane Schokolade wird als gesünder wahrgenommen, doch muss der Geschmack stimmen.“ Dabei komme es auf den – schwierigen – Ersatz von Milch in Schokolade an. Die Schokolade solle schließlich cremig, allergenfrei, nachhaltig, stabil und zugleich kostengünstig sein. Als Milch-Ersatz böten sich Soja, Mandel, Hafer, Reis, Kokos und dergleichen an. Barry Callebaut, beispielsweise, hat das Schokoladen-Produkt „M_lk Chocolate“ auf den Markt gebracht, bei dem die Milch entweder durch Reis-Sirup plus Mais-Dextrin oder durch Erdmandeln, die Knollen eines Grasgewächses, ersetzt wird.
Daniel Wittmaack, Leiter Verfahrenstechnik & Produktmanagement der Geschäftseinheit Süßwaren bei Bühler, wies in seinem Vortrag „Flexibilität bei der Umstellung und Diversifizierung der Endprodukte in der Schokoladenformung“ darauf hin, dass die Losgrößen bei Schokoladenprodukten schrumpfen. Erforderlich seien daher flexible Produktionsverfahren, verbunden mit schnellen Produktwechseln – etwa von ungefüllten zu gefüllten Produkten und umgekehrt. Ersteres sei mittlerweile fast unterbrechungsfrei mit Stillstandzeiten zwischen 0 und 5 min möglich, während bei Letzterem die Stillstandzeiten bei 25 bis 30 min lägen, da eine intensive Reinigung erforderlich sei. „Man kann aber auch nur Teile einer Anlage wechseln, während diese andere Artikel weiterproduziert“, merkte Daniel Wittmaack an. Derart flexibel sei die Gießanlage ChocoX (Choco Cross) von Bühler. Ihr modularer Aufbau erlaube eine schnelle Anpassung an verschiedene Produkte, da jede Funktion der Linie in einem unabhängigen, leicht verschiebbaren Modul untergebracht sei.
Auf aktuelle Trends in der Süßwarenproduktion wie sinkende Losgrößen bis hin zu individualisierter Produktion und beschleunigten Produktwechseln verwies auch Bernd Plies, Leiter der Abteilung Digitalisierung bei Winkler und Dünnebier Süßwarenmaschinen (WDS). In seinem Vortrag „Flexible Produktionsanlagen und digitalisierte Produktionsumgebung“ stellte er maßgeschneiderte Linien für alle Kapazitätsanforderungen vor und demonstrierte die effiziente Nutzung der WDS-Anlagen ConfecEco, ConfecPro und ConfecVario, die zur Herstellung von Produkten aus Schokolade sowie Gummi und Gelee gleichermaßen ausgelegt sind. „Damit lassen sich solche Artikel flexibel in Polycarbonat-Formen herstellen“, merkte Bernd Plies an.
Darüber hinaus zeigte Bernd Plies den Weg zu einer digitalisierten Produktionsumgebung auf. Im Fokus steht die sichere Datennutzung und Vernetzung von Anlagen: „Ziel ist eine individualisierte, intelligente und ressourcensichere Herstellung bei maximierter Produkt- und Produktionssicherheit.“ Die Daten werden über standardisierte Datenschnittstellen in ERP- und MES-Systemen oder komplett vernetzt über IoT-Plattformen wie die firmenübergreifende Sweet-Connect-Plattform gesammelt, aufbereitet und übersichtlich bereitgestellt, etwa zur Zustandsüberwachung über Smartphone-Apps.
Ein weiteres wichtiges Thema des Kongresses war nachhaltige, recyclingfreundliche Verpackung. In seinem Vortrag „Das neue Schokoladenkleid in Papier“ zeigte Frank Eger, Leiter Papierentwicklung bei Constantia Prik, wie Schokolade statt in Kunststoff in Papier verpackt werden kann: „Hier kommt es auf die Wahl des für die jeweiligen Anforderungen geeignetsten Papiers an.“ Dabei stehe neben der Schutzfunktion eine gute Verarbeitbarkeit und Recyclingfähigkeit im Vordergrund. EcoPaperPlus von Constatia Flexibles sei eine solche Papier-Lösung für Einsatzbereiche, die eine Barriere gegen Gerüche und Fette erfordern, wie etwa Süßwaren.
In seinem Vortrag „PurePac – weniger Abfall, mehr Natur“, stellte Klaus Volgmann, Großkundenbetreuer bei Van Genechten Packaging (VGP), eine zu 100 % recycelbare Schokoladenverpackung vor, bei der kein Innenverpackungsmaterial benötigt wird: PurePac. Die faserbasierte Verpackung könne in der Praxis den Aluminium-Verbrauch einer Marke um 15.000 kg pro zehn Millionen Stück reduzieren. Faltschachteln aus PurePac schützen das Produkt dank einer speziellen Anti-Fett-Barriere und einer zu fast 100 % dichten Konstruktion. „Die Verpackung eignet sich nicht nur für klassische Schokoladentafeln, sondern auch für andere Formate und Produkte wie etwa Adventskalender“, hob Klaus Volgmann hervor.