Vor 90 Jahren machte sich Berthold Vollers als Küper und Lagerist selbstständig. Heute verfügt die Vollers Group GmbH, die vom Gründerenkel Christian Vollers geführt wird, über 13 Standorte mit 420 Mitarbeitern in Bremen, Hamburg, Rotterdam, Amsterdam, Dongen, Antwerpen, Bury St Edmunds, Genua, Triest, Neapel, Riga, Tallinn und Moskau. Vollers bietet Kakao-Logistik für die gesamte Branche – ob klein oder groß, Start-up oder multinationales Unternehmen. Die Gesamtlagerfläche beträgt über eine halbe Million Quadratmeter.
Von Alfons Strohmaier
Für das Kakaogeschäft der Vollers Group mit Hauptsitz in Bremen war das Jahr 1987 entscheidend: Bremen wurde als Andienungsplatz für die Londoner Börse LIFFE – heute ICE Futures Europe – anerkannt. Die jahrelange Vorarbeit durch das Management von Vollers sowie die ausgeprägten Produktkenntnisse hatten diese Entscheidungen ermöglicht. Damit war ein wichtiger Meilenstein in der erfolgreichen Historie des Familienunternehmens geschaffen, das Berthold Vollers als Küper und Lagerist für Rohkaffee im Jahr 1932 gegründet hatte.
In zweiter Generation erweiterte Lüder Vollers seit den 1960erJahren die Lagerflächen beständig und ergänzte das Leistungsangebot neben dem Kaffeeumschlag mit Wolle, Baumwolle sowie Stückgütern wie Ostasien-Importe. Inzwischen umfasst das Service-Portfolio neben Kaffee und Kakao auch die Commodities Tee, Fasern & Textilien, Wolle, Baumwolle, Kräuter & Gewürze, Nüsse & Backsaaten, Tabak sowie Kühlgut.
Mengenbezogen, ist Kakao heute die bedeutendste Commodity für die Gruppe. Das Unternehmen übernimmt den Umschlag des sensiblen Rohstoffs über seine europäischen Hafenstandorte und bietet neben Transport und Lagerung auch Leistungen wie Reinigung, Schädlingsbekämpfung und das Mischen der Kakaobohnen an. „Die für die Industrie bestimmte Ware bleibt meist nur für kurze Zeit bei uns. Anders verhält es sich mit dem an der Börse gehandelten Kakao, den wir teilweise mehrere Jahre lang sicher lagern“, erläutert Geschäftsführer Christian Vollers. Die Lizenz durch die Londoner Kakaobörse erstreckt sich heute auf die Firmen-Standorte Bremen, Hamburg, Amsterdam und Antwerpen.
Die Kunden sind sowohl kleine und große Kakaohändler als auch industrielle, verarbeitende Hersteller von Kakaomasse, -pulver und -butter sowie Schokoladen. Die Vollers Group zählt inzwischen zu den erfahrensten Logistikexperten für das tropische Naturprodukt, das hauptsächlich aus westafrikanischen Ländern wie Elfenbeinküste, Ghana, Nigeria und Kamerun nach Europa kommt. Die logistischen Dienstleistungen der Gruppe für Rohkakao umfassen die Import- und Exportabwicklung, die Ein- und Auslagerung sowie den Sack-, Bulk-Container- und Mega-Bulk-Umschlag. Erfahrene und hochmotivierte Mitarbeiter erledigen mit großem Verantwortungsbewusstsein die nachfolgenden Arbeiten wie Musterziehung, das Absieben und Reinigen sowie die Schädlingsbekämpfung und auch das Mischen. Ebenfalls im Service-Angebot des Betriebs sind die Ausstellung von Herkunftszeugnissen und die Beschaffung von Phytozeugnissen, Schadensbearbeitung und Qualitätskontrolle gemäß Federation of Cocoa Commerce (FCC). Das Unternehmen verfügt neben dem ICE-Futures-Eu-rope-Zertifikat auch über AEO-, UTZ- und Bio-Zertifizierungen.
Derzeit steht die Branche vor tiefgreifenden Veränderungen: Der Trend geht wieder vom Container- hin zum Mega-Bulk-Schiff. „Die Verschiffung in Containern ist grundsätzlich nicht optimal für den Transport von Kakaobohnen, da sich aufgrund der klimatischen Unterschiede in Afrika und in Europa Schwitzwasser bilden kann, das dann nach und nach auf die Kakaobohnen abtropft“, betont Christian Vollers. Je länger sich der Kakao in Containern befindet, desto größer ist die Problematik mit der Feuchtigkeit – was durch die derzeitigen, extrem turbulenten Zeiten für die Container-Schifffahrt noch bedrohlicher geworden ist. So haben die längeren Transitzeiten negative Auswirkungen auf den Schädlingsbefall. „Als Maßnahme sehen wir einen Trend zur Verschiffung in Massengut-Frachtern“, führt der Firmenchef weiter aus. Bei Mega-Bulk gebe es die Möglichkeit, die Ladeluken während der Überfahrt zu belüften und somit Schwitzwasser zu reduzieren. Zudem ergibt sich durch die Verschiffung von bis zu 15.000 t mit einer Fracht eine deutliche Effizienzsteigerung, besonders bei der Umschlagsgeschwindigkeit. Ein weiterer Vorteil ist das reduzierte Port-Trucking: Weniger Container müssen vom Terminal ins Hinterland gefahren werden, was die sensible Infrastruktur im Hafen entlastet und den CO2-Foodprint verkleinert.
Um für die künftigen Anforderungen gerüstet zu sein, hat der Logistik-Spezialist drei Lagerhallen auf dem Hoogtij-Terminal in Amsterdam neu errichtet. Die Hallen sind 150 m lang, 40 m breit und 24 m hoch. Hier werden die Kakaobohnen, die mit Containern oder Seeschiffen ankommen, vollautomatisiert umgeschlagen. Die Bohnen gelangen über Förderbänder in die bis zu 10 m hoch gefüllten Lagerfächer. Später werden sie mit Hilfe elektrischer Kräne und Förderbänder wieder aus den Lagern geholt und auf Lkw oder Binnenschiffe verladen.
Eine weitere Innovation, die bei natürlichen Commodities für zusätzliche Sicherheit sorgt, sind GrainPro TranSafeliner, die laut Firmenangaben in der anstehenden Kakao-Saison grundsätzlich bei rund 70 % der Verschiffungen in Containern verwendet werden sollen. „Darüber wurden wir von unseren Kunden informiert, doch aktuell scheinen die GrainPro Liner nicht lieferbar zu sein. Somit wird zunächst ohne die Liner verschifft“, berichtet Christopher Klüß, Co-Managing Director in Hamburg. Dessen ungeachtet, erwarten die Verantwortlichen durch diese Innovation ebenfalls eine Effizienzsteigerung. Tests hätten gezeigt, dass der Reinigungsaufwand der Container mit Verwendung der GrainPro Liner sinkt.
Die zurückliegenden Krisenjahre haben die Herausforderungen für die gesamte Branche noch gesteigert. Auch für die Logistiker ergeben sich durch die Verschiffungssituation, die zusammenbrechenden Lieferketten, lange Transportzeiten und eine knappe Container-Verfügbarkeit enorme Schwierigkeiten. Durch die nach wie vor unberechenbaren Transportzeiten von Containern ist es laut Angaben des Unternehmens für das Team sehr schwierig, die Kosten zu kalkulieren. Zudem fallen Port-Storage sowie Demurrage und Detention an und treiben die Kosten weiter in die Höhe.
Andererseits ergibt sich für die Produzenten-Länder ebenfalls eine herausfordernde Situation bei der Preisbildung, etwa in Ghana und der Elfenbeinküste, aufgrund der immensen Veränderungen rund um das Living Income Differential (LID) und die Qualitätsdifferenziale. Die Kunden der Vollers Group ihrerseits sind mit einer unklaren Absatzsituation durch Rezession und gleichzeitige Inflation konfrontiert. Hinzu kommen steigende Zinsen sowie der Exit bestimmter Commodity-Banken, was die Finanzierung für die Kunden besonders anspruchsvoll macht.
Im Bereich Handel sei im Zusammenhang mit der Ukraine-Krise Kreativität gefordert, obgleich der Absatz in den ehemaligen GUS-Staaten weiterhin vorhanden sei, wie Christian Vollers abschließend bekundet. „Durch die Sanktionen und Zusammenbrüche von Lieferketten müssen jetzt ,neue Wege‘ gefunden werden. Dies bedeutet für uns eine besondere Herausforderung, der wir uns stellen müssen und stellen wollen.”