sweets processing 9-10/2020

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

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Materialeinsatz reduzieren und sparen – Praxistipps zur Füllmengenoptimierung

Sich intensiv mit den Füllmengen zu befassen, ist für jedes Unternehmen der Süßwaren­industrie ein Muss. Überfüllte und stark schwankende Artikel bieten ein brachliegendes Optimierungs­potenzial. Dieses ist über Analysen und Betriebs- oder Produktvergleiche schnell zu erkennen. Ein Großteil des Potenzials kann im Regelfall ohne größere Investitionen realisiert und aufgrund reduzierter Materialeinsatzkosten GuV-wirksam umgesetzt werden.


Selbst bei vordergründig homogenen Produkten variieren die Füllgewichte von Verkaufsverpackungen unterschiedlicher Artikel und Hersteller in der Süßwarenindustrie stark. So schaffen es einige Hersteller, die auf einer Fertigpackung angegebene Nennfüllmenge im Durchschnitt fast punktgenau zu treffen und gleichzeitig eine Unterfüllung weitestgehend zu vermeiden. Andere Hersteller scheinen aus Risikoaspekten eine strategische Überfüllung zu praktizieren, wodurch die Materialkosten unnötig steigen.

Die Anforderungen an Fertigpackungen sind in Deutschland in der Fertigpackungsverordnung geregelt. Die tatsächlichen Füllmengen werden dabei in unregelmäßigen Abständen von den Eichämtern kontrolliert. Bei einer Unterfüllung oder hohen Füll-varianz gehen die Hersteller das Risiko ein, von den Eichämtern mit Bußgeldern und gegebenenfalls weiteren regulatorischen Maßnahmen belangt zu werden. Zusätzlich droht ein Imageverlust. Das muss nicht sein.

Grundlage aller Optimierungen sind akkurate Datenaufzeichnungen. In der Praxis sind diese jedoch in vielen Fällen fehlerhaft. So wird bei automatischen Wägesystemen, bei denen jeder einzelne Artikel verwogen wird, eine sogenannte standardisierte Tara (das Gewicht der Verpackung) abgezogen, um das Netto-Gewicht des gefüllten Artikels zu ermitteln. Da bestimmte Verpackungsarten, etwa Pappschachteln, jedoch auch Gewichtsschwankungen unterliegen können, sollte diese Tara regelmäßig überprüft werden.

Steht im Abfüllprozess kein automatisches Wägesystem zur Verfügung, werden in bestimmten Abständen einzelne Proben verwogen. Für eine detaillierte Analyse des Abfüllprozesses ist es essenziell, dass diese Verwiegung innerhalb kurzer Zeitintervalle erfolgt, um alle möglichen Schwankungen erfassen zu können.

Vielfach werden insbesondere im Mittelstand Gewichtsaufzeichnungen noch rein papierbasiert durchgeführt. Für eine umfassende und schnelle Analyse aller Artikel und Schichten sind diese Daten nicht zu verwenden. Daher ist entscheidend, systemgestützt zu arbeiten und die Gewichtsdaten in digitaler Form vorzuhalten.

In einem ersten Schritt ist dazu eine einfache Excel-Tabelle ausreichend. Hierbei ist darauf zu achten, dass die Daten so in Excel erfasst werden, dass flexible Auswertungen nach Artikel und Abfüllzeitpunkt – also beispielsweise nach Schicht oder eingesetztem Mitarbeiter – möglich sind. Bei größeren Abweichungen oder erhöhten Schwankungsbreiten im Abfüllprozess kann es ebenfalls sinnvoll sein, die vorhandenen Papieraufzeichnungen zu digitali­sieren.

Für eine detaillierte Überwachung der Abfüll-Performance ist eine automatisierte Vollkontrolle aller Artikel ideal, wobei die Waage alle Wägedaten in digitaler und somit auswertbarer Form speichert. Manuelle Wägeprozesse decken nur einen kleinen Teil der abgefüllten Produkte ab, so dass die Masse der Produkte im „Blindflug“ abgefüllt wird. Zudem ist der Erhebungsaufwand bei manuellen Prozessen deutlich höher, und die Ergebnisse sind fehleranfälliger.

Letztlich sind die Analyseergebnisse bei großen Datenmengen deutlich aussagekräftiger, so dass Optimierungsstrategien stringenter und zielgenauer abgeleitet werden können. Es ist daher ratsam – wenn immer möglich – automatisierte Vollkontrollen für alle Artikel durchzuführen. Speziell bei Investitionsvorhaben in neue Anlagen sollte diese Form der Gewichtskontrolle eingeplant werden.

Die Nutzung der beschriebenen Technologie ist in der Süßwarenindustrie besonders lohnend, da hier überwiegend Verpackungen aus „leichten“ Materialien mit geringer Eigenvarianz, etwa Plastik oder Papier, eingesetzt werden. Diese erlauben, über das Gewicht des gesamten Produktes (Inhalt plus Verpackung) auf das Gewicht des Inhalts zu ­schließen.

In den meisten Unternehmen wird heute bereits der Mittelwert der Packungsgewichte regelmäßig erhoben – sei es über Vollkontrollen oder über Stichproben. Der Mittelwert allein ist jedoch nicht hinreichend aussagekräftig, um die Abfüll-Performance umfassend zu beurteilen, da die Streuung der Artikel um einen Mittelwert ebenso entscheidend ist. Hintergrund ist, dass hohe Schwankungsbreiten dazu führen, dass das Nennfüllgewicht zwar im Mittel erreicht wird, es aber eine erhöhte Wahrscheinlichkeit dafür gibt, dass
– es Artikel gibt, deren Gewichte unter der Tu2 (Tu = untere Toleranzgrenze) liegen, sofern keine automatisierte Ausschleusung dieser Artikel erfolgt,
– der maximale Wert von 2 % der Packungen, die zwischen Tu1 und Tu2 liegen dürfen, überschritten wird, und
– das Eichamt im Rahmen der Stichprobenkontrolle vermehrt unterfüllte Artikel zieht, so dass im Mittel der Stichprobe das Nennfüllgewicht nicht erreicht wird.
Um verschiedene Artikel miteinander zu vergleichen, bietet sich an, den Mittelwert in Prozent der Nennfüllmenge auszudrücken. Dies entspricht der durchschnittlichen prozentualen Über- oder Unterfüllung. Sinnvoll ist zudem, die Standardabweichung als Variationskoeffizient darzustellen (Standardabweichung geteilt durch Mittelwert), um diese absolute Größe auch als Relativwert darzustellen. Besonders in der Süßwarenindustrie weisen viskose, stückige und unregelmäßige Rezepturen regelmäßig höhere, technisch bedingte Schwankungen auf, die bei der Bewertung der Füll-Performance berücksichtigt werden müssen.

 

http://www.hoeveler-holzmann.com


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