sweets processing 9-10/2020

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

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Moderne Technologien erleichtern Reinigung im Produktionsbereich

Künstliche Intelligenz (KI) ermöglicht effiziente, ressourcenschonende und sichere Reinigung in der Produktion. Durch die Integration der Blockchain-Technik in den Produktions- und Reinigungsprozess lässt sich der Reinigungsvorgang beschleunigen. Dies zeigte die Webkonferenz „Freisinger Tage: Digitalisierung in der Lebensmittelwertschöpfungskette“.


Die Schutzmaßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie wirken sich auch auf das Konferenzgeschehen aus. Daher wurde die Kooperationsveranstaltung zum Thema „Digitalisierung in der Lebensmittelwertschöpfungskette“ des Fraunhofer-Instituts für Verfahrenstechnik und Verpackung IVV und der Industrievereinigung für Lebensmitteltechnologie und Verpackung IVLV e.V. kürzlich im Format einer Webkonferenz abgehalten. Experten aus Wissenschaft und Industrie berichteten an drei Nachmittagen über Innovationen und Forschungsfragen der digitalisierten Lebensmittelproduktion.

Zwei Vortragende des Fraunhofer IVV präsentierten neue Technologien, die die Reinigung im Produktionsbereich erleichtern können. Max Hesse stellte digitale und adaptive Reinigungsverfahren vor, und Dr. Thilo Bauer zeigte Möglichkeiten zur Qualitätsverbesserung in der Produktionstechnik durch Blockchainbasierte Zertifizierung von Prozessdaten.

Max Hesse erklärte unter anderem, wie ein modularer Reinigungsroboter, das Mobile Cleaning Device 4.0 (MCD), für Hygiene in der industriellen Produktion von Lebensmitteln sorgt. Entwickelt wurde das mobile Gerät im Institutsteil Verarbeitungstechnik des Fraunhofer IVV in Dresden. Die intelligente Reinigungsrobotik ist für den Innen- und Außenbereich von Maschinen und Anlagen einsetzbar. Damit lassen sich sowohl die Produktionsanlagen als auch die Räume selbst säubern.

Bislang wird die anspruchsvolle und qualitätsbestimmende Säuberung der Produktionseinrichtungen größtenteils manuell erledigt. Bei aller Sorgfalt ist die Arbeit jedoch schwer reproduzierbar, fehlerbehaftet und zeitaufwendig. Mit der neuen Technik lassen sich Anlagen und Produktionsräume bedarfsgerecht und reproduzierbar reinigen. Ausgestattet mit einem selbstlernenden System, soll der autonom fahrende Roboter den Verschmutzungsgrad erkennen und anhand dessen automatisch die geeignete Reinigungsprozedur auswählen. Der smarte Roboter bietet nicht nur in Krisenzeiten wie der Corona-Pandemie Vorteile, sondern auch bei Personalknappheit. Allein für die Reinigung werden in der Lebensmittelproduktion rund 10 % der Mitarbeiter benötigt. Hierfür sind Fachkräfte erforderlich, die oft schon in normalen Zeiten rar sind. Mit dem Roboter können erhebliche Effizienzpotenziale erschlossen werden, wenn das bisher für die Reinigung eingesetzte Fachpersonal parallel zum Einsatz des Roboters andere Arbeiten erledigen kann.

Tests zeigten, dass durch die bedarfsgerechte Auslegung der Reinigungsprozedur bis zu 50 % an Reinigungsmitteln gespart werden können, da nur die tatsächlich benötigte Menge auf die Oberflächen aufgebracht wird. Der komplette Reinigungsprozess wird vollautomatisiert protokolliert und ist somit in hohem Maße reproduzierbar.

Entwickelt wurden zwei Roboter-Varianten, die – konsequent weiterentwickelt – immer komplexere Reinigungsaufgaben übernehmen können. Eines der vorliegenden Modelle bewegt sich über das Förderband auf dem Produktweg durch die Produktionsanlage und reinigt diese von innen. Die zweite Variante fährt selbständig durch die Produktionshalle und reinigt Boden, Decken und Wände der Räume sowie die Außenseiten und Arbeitsflächen der Maschinen.

Dank eines ausgefeilten Multisensorik-Systems (Radar, UWB, visuelle Odometrie) bewegt sich der batteriebetriebene Roboter autark und ist lediglich durch einen Schlauch, aus dem das Reinigungsmittel zugeführt wird, mit der Docking Station verbunden. Ein ausfahrbarer Roboterarm mit Zielstrahlreiniger erreicht dabei auch höhergelegene Anlagenbereiche.

Ein integriertes selbstlernendes KI-System soll perspektivisch mittels optischem Hybrid-Verschmutzungssensor (Weißlicht- oder UV-Licht/Fluoreszenzmethode) den Verschmutzungsgrad erkennen und die geeigneten Reinigungsparameter und Prozessschritte auswählen. Der erfasste Verschmutzungszustand wird in die virtuelle Umgebung gespiegelt und mittels innovativer Spritzreinigungssimulation bei der Bahn- und Reinigungsplanung berücksichtigt. Das System optimiert sich dabei selbst, indem es bei jedem Reinigungsvorgang hinzulernt.

Wie die Integration der Blockchain-Technik in den Produktions- und Reinigungsprozess den Reinigungsvorgang beschleunigen kann, zeigte Dr. Thilo Bauer. Indem die Fertigungsdaten in der Blockchain sicher gespeichert werden, können Rohstoff- und Produktdaten auch zwischen verschiedenen Teilnehmern entlang der Wertschöpfungskette ausgetauscht werden. Die Reinigungsintensität lässt sich so dem jeweiligen Rohprodukt anpassen.

Durch umfangreiche Weitergabe gesicherter Daten können bei Bedarf kurze Reinigungsschritte durchgeführt oder längere Arbeiten geplant werden. Und durch Kenntnis des rohstoff- und herstellerbezogenen Reinigungsaufwands kann allein basierend auf dem Prozessdatenaustausch die Produktion automatisiert geplant werden. Dies erfolgt so, dass Produkte oder Rohstoffe, die einen höheren Reinigungsaufwand nach sich ziehen oder erfordern, erst gegen Ende eines Produktionszeitraums eingeplant werden und nicht zu Beginn oder in der Mitte. Aufwendige Reinigungsschritte während der Produktion lassen sich so vermeiden.

Abgesehen von der Weitergabe der Fertigungsdaten zur Planung der Produktion und der Reinigungseinsätze, kann die Blockchain-Technik vor allem zur automatisierten und rechtskonformen Zertifizierung der ausgeführten Arbeiten eingesetzt werden. In einem Blockchain-System können die Daten so gespeichert werden, dass zweifelsfrei nachgewiesen ist, wer wann was gemacht hat. Durch den Einsatz kryptografischer Methoden, die vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik für rechtssichere Dokumentationen und Signaturen freigegeben sind, lässt sich eine derartige Datenspeicherung rechtlich
sicher gestalten.

Werden Produktions- und Reinigungsdaten weitestgehend automatisiert erhoben, wie es mit dem vorgestellten Robotersystem möglich ist, lassen sich aufwendige und bürokratische Dokumentationspflichten automatisieren und beschleunigen. Ein Unternehmen, das seine Prozessdaten wie aufgeführt dokumentiert, erhält einen lückenlosen, umfangreichen und hochwertigen Datensatz über seine Fertigungsprozesse. Datenwissenschaftlich ausgewertet, kann dies zur Qualitätsverbesserung und Prozessoptimierung dienen.

 

http://www.ivv.fraunhofer.de


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