Die Künstliche Intelligenz (KI) hat in den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen und findet in vielen Industriebereichen Anwendung. Auch in der Schokoladen- industrie bietet KI ein enormes Potenzial zur Optimierung der Produktionsprozesse. Von der Verarbeitung der Kakaobohne bis zur fertigen Schokoladentafel sind zahlreiche komplexe Schritte erforderlich, die durch intelligente Algorithmen effizienter, nachhaltiger und qualitativ hochwertiger gestaltet werden können.
KI basiert auf mehreren grundlegenden Prinzipien, darunter maschinelles Lernen, Mustererkennung, Reinforcement Learning und Adaptivität. Um diese Technologien erfolgreich einzusetzen, benötigt man nicht nur spezialisierte Algorithmen, sondern auch eine solide Datenbasis mit prozessrelevanten Parametern sowie iterative Lernphasen, die Vorhersagen und Optimierungen verbessern. Besonders herausfordernd wird die Integration von KI, wenn es nicht nur darum geht, bestehende Prozesse zu analysieren, sondern sie auch aktiv durch Anpassung der Systemparameter zu steuern und zu optimieren.
In der Schokoladenindustrie befindet sich die Implementierung von KI noch in einer Übergangsphase. Bereiche mit einer guten Datengrundlage, wie die Qualitätskontrolle von Roh und Fertigwaren, die Kapazitätsplanung oder die Nachfrageprognosen, profitieren bereits von KI-Systemen. In einzelnen Produktionsschritten gibt es ebenfalls Fortschritte.
Ein Beispiel in der Kakaoproduktion ist die Separation von Kakaoschalen und Nibs, die durch maschinelles Lernen optimiert werden kann, indem die Bruchgröße automatisch angepasst wird, um den Feinanteil zu minimieren und somit den Ertrag zu optimieren und die Qualität der Nibs, im Bezug zum Schalenanteil zu verbessern. Auch die Fettgehaltskontrolle in der Vorvermahlung ist ein vielversprechender Ansatz, um nachgelagerte Prozesse effektiver zu gestalten und eine Normalisierung der Kakaomasse zu gewährleisten. Hinzu kommt die Analytik des Kakao-Fermentation-Index, welcher einen direkten Einfluss auf die Vermahlung hinsichtlich des Durchsatzes bezogen auf Feinheit sowie der Temperatur während der Vermahlung aufweist.
Als Beispiele fehlender Datenlage sowie smarter Sensortechnologie im Bereich Kakaoverarbeitung ist die Alkalisierung des Kakaos zur Kakaopulver-Farbeinstellung zu nennen, bei der es derzeit an geeigneten Sensoren fehlt, um die prozessrelevanten Daten wie die Farbentwicklung in Echtzeit während der Alkalisierung zu erfassen. Ohne diese Daten kann kein Algorithmus entwickelt werden, der eine Inline-Anpassung von Prozessparametern wie Dampfdruck, Luftmenge und/oder Zeit ermöglicht, um eine spezifische Pulverfarbe bei variierendem Rohmaterial innerhalb dieses einzelnen Prozessschritts zu erreichen.
Neben den teilweise fehlenden Informationen der Einzelprozessbetrachtung fehlt oftmals die Datengrundlage der Gesamtanlagenbetrachtung, um KI flächendeckend zu ermöglichen.
Im Beispiel der Schokoladenproduktion sind viele Prozessschritte bis zum Conchieren bereits mit Sensoren gut messbar, was eine KI-Integration erleichtert. Beispielsweise kann die Plastizität im Mixer und in der Vorvermahlung überwacht werden, um die Konsistenz des Produktes zu steuern. Auch die Walzenbedeckung sowie eine Mustererkennung, z. B. durch das „Stripe Detection Cockpit“, sowie die Feinheitsmessung im Walzwerk bieten wertvolle Möglichkeiten für KI-gestützte Prozessoptimierungen hinsichtlich Durchsatz bezogen auf Zielfeinheit. Die Wechselwirkungen zwischen Plastizität, Walzenbedeckung und Feinheit können durch KI erfasst werden, um zukünftig automatisierte Anpassungen vorzunehmen. Natürlich gibt es hierbei weiteres Optimierungspotenzial hinsichtlich einer Entwicklung eines spezifischen Algorithmus der Feinvermahlung, da in diesem Prozessschritt eine Vielzahl von Parametern eingestellt werden können.
Insbesondere beim Conchieren fehlen „Smarte Sensoren“ sowie Algorithmen, um eine bislang meist zeitbasierte Steuerung des Conchierprozesses mit einer auf Qualitätskriterien beruhenden Steuerung abzulösen. Einige innovativer Ansätze gibt es bereits, um diesen Bereich zu verbessern: Zum einen wird zum Verständnis der Zusammenhänge an einer Simulationssoftware gearbeitet, die als Basis für eine AI Steuerung gesehen werden kann, zum anderen an einer Sensortechnologie, wie dem „Flavor Monitoring Cockpit (FMC)“, das die Conchierleistung durch die Analyse der organischen Gaszusammensetzung sowie der Feuchtigkeit im Headspace der Conche kostengünstig überwachen kann. Dadurch können Qualitätsschwankungen frühzeitig erkannt und die Conchierzeiten individuell angepasst werden. Dieses Verfahren könnte als Brückentechnologie dienen, um demnächst eine vollständig KI-gestützte Steuerung der Conchierparameter hinsichtlich der Schokoladenrheologie und damit der Fettoptimierung und der Geschmacksoptimierung bezogen auf die Zeit zu ermöglichen.
Die Einführung von KI in der Schokoladenindustrie bietet große Chancen für die Effizienzsteigerung, Qualitätsverbesserung und nachhaltige Produktion. Aktuelle Anwendungen zeigen vielversprechende Ergebnisse, v. a. in der Prozessüberwachung und Optimierung. Dennoch gibt es Herausforderungen, insbesondere hinsichtlich unzureichender Datenverfügbarkeit, fehlender Sensoren und der hohen Prozesskomplexität. Künftige Entwicklungen könnten diese Hindernisse überwinden und eine tiefere Integration von KI in der Schokoladenproduktion ermöglichen. Besonders im Bereich der Echtzeit-Prozesssteuerung und der intelligenten Maschinenvernetzung ist weiteres Innovationspotenzial vorhanden. Langfristig könnte KI das gesamte Zusammenspiel der Produktionsmaschinen optimieren und somit einen entscheidenden Beitrag zur Effizienz, Qualität und Nachhaltigkeit in der Schokoladenindustrie leisten.