Die Verpackungsindustrie steht vor erheblichem Transformationsdruck: Zunahme und Verschärfung von Umweltauflagen, steigende Rohstoffpreise und wachsende Anforderungen an Nachhaltigkeit entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Die KI bietet entscheidende Ansätze, um Materialkreisläufe effizienter zu gestalten, Ressourcen zu schonen und Prozesse zu optimieren. Dieser Artikel skizziert, wie KI die Transformation der Verpackungsindustrie hin zu einer nachhaltigeren, kreislauforientierten Bioökonomie gezielt beschleunigen kann und welche Chancen sich daraus für Unternehmen und Umwelt ergeben.
Von Alina Kleiner, Mara Strenger und Prof. Dr. Markus
Die vorherrschenden linearen Produktions, Konsum und Entsorgungsformen haben ökologische, ökonomische und soziale Folgen, die insbesondere vor dem Hintergrund einer wachsenden Weltbevölkerung an Relevanz gewinnen, woraus sich die Notwendigkeit einer Transformation begründet. Eine alternative Wirtschaftsform ist die Kreislaufwirtschaft, die rohstoffseitig allerdings verlustbehaftet ist und bei der Nutzung fossiler Energieträger nicht zur Unabhängigkeit von diesen beiträgt und deshalb durch die Bioökonomie, die auf biogene Ressourcen setzt, ergänzt werden muss. Als Kombination aus den Prinzipien der Kreislaufwirtschaft mit der Bioökonomie stellt die kreislauforientierte Bioökonomie eine Option zur Adressierung der notwendigen Transformation der Verpackungswirtschaft dar. Das Ziel ist es, Materialien und Produkte so lange wie möglich in biologischen oder technischen Kreisläufen zu halten, um den Ressourcenverbrauch zu minimieren und Abfälle zu reduzieren.
Die Transformation zu einer nachhaltigeren, kreislauforientierten Bioökonomie ist insbesondere bei Verpackungen von kurzlebigen Produkten, z. B. vielen Lebensmitteln, notwendig, da aufgrund der kurzen Nutzungsdauer im Laufe der Zeit mehr Verpackungen und damit auch mehr Verpackungsabfälle anfallen als bei Produkten mit längerer Nutzungsdauer.
KI kann in verschiedenen Phasen der Wertschöpfungskette dazu beitragen, die Nachhaltigkeit der Verpackungsindustrie zu steigern und die Transformation hin zu einer nachhaltigeren, kreislauforientierten Bioökonomie voranzutreiben:
Bereits in der Designphase kann KI bei der Materialauswahl unterstützen und die Materialnutzung optimieren, z. B. mit Blick auf die Nutzung von Biomasse oder Rest und Nebenstoffen aus der Lebensmittel und Agrarindustrie. KI kann die Vorhersage der Eigenschaften neuer Materialien durch den Zugriff auf große Datenmengen ermöglichen. Ergänzend dazu können Lebenszyklusanalysen helfen, die potenziellen Umweltauswirkungen von Verpackungen bereits in einem frühen Entwicklungsstadium zu berücksichtigen. Hierfür kann KI z. B. als Tool zur Unterstützung bei der Erstellung einer CO2-Bilanz zum Einsatz kommen. Zudem kann auch das Optimierungspotenzial bestehender Verpackungen durch KI identifiziert werden.
In der Produktion kann KI für Effizienzsteigerungen sorgen, beispielsweise durch die Überwachung und Optimierung des Energieverbrauchs. Vorausschauende Wartungssysteme können Anomalien in Anlagen frühzeitig erkennen, Ausfallzeiten minimieren und so die Kosten senken. Weiterhin kann KI auch die Qualitätskontrolle auf ein höheres Niveau heben. KI-basierte Qualitätskontrolle kann visuelle Inspektionssysteme in den Prozess integrieren, die Fehler nicht nur „sehen“, sondern dank intelligent verarbeiteter Daten auch „verstehen“.
Durch den Einsatz von KI können Unternehmen umfangreiche Datensätze aus Quellen wie sozialen Medien und Kaufhistorien entschlüsseln und so wertvolle Einblicke in Verbrauchertrends gewinnen. Zudem erstreckt sich die Fähigkeit der KI zur Vorhersage auch auf die Nachfrageprognose und das Bestandsmanagement. Dies ermöglicht eine optimierte Bestandsführung, vermeidet Überproduktion und reduziert Lagerüberschüsse. Ein solches datenbasiertes Management bringt daher nicht nur wirtschaftliche Vorteile, sondern trägt auch zur Ressourcenschonung bei.
Im Bereich des Recyclings zeigt KI ihr volles Potenzial, um zur Transformation der Verpackungswirtschaft beizutragen. Voraussetzung für ein werkstoffliches Recycling ist die sortenreine Materialtrennung, was KI durch automatisierte Sortieranlagen optimieren kann, da die Kunststoffe anhand von Farbe, Materialzusammensetzung oder sogar Lebensmittelkontakt identifiziert und sortiert werden können. Die Sortierung kann dabei durch KI-gestützte robotische Arme unterstützt werden. Diese Präzision in der Identifizierung und Sortierung ist entscheidend, um Rezyklatqualität zu erhöhen und Recyclingquoten zu steigern.
Ein Beispiel für die KI-basierte Optimierung von Kunststoffverpackungen mit Rezyklatanteil ist das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) finanzierte Forschungsprojekt „KIOptiPack“, bei dem das Sustainable Packaging Institute (SPI) der Hochschule Albstadt-Sigmaringen mitwirkt. Ziel des Projekts ist die Bereitstellung KI-gestützter Werkzeuge, die es Unternehmen ermöglichen, Kunststoffverpackungen mit hohem Rezyklatanteil effizient zu gestalten. Durch die Zusammenarbeit mit Industriepartnern wird sichergestellt, dass die Lösungen praxisnah sind und die Anforderungen des Marktes berücksichtigen.
Neben ihren vielfältigen Chancen steht die Implementierung von KI auch vor einigen Herausforderungen. Eine der größten Herausforderungen ist die (nicht)-Verfügbarkeit und (Un)Sicherheit von Daten. Viele KI-Modelle benötigen große Mengen an qualitativ hochwertigen Daten, um effektiv arbeiten zu können. Die Integration von KI-Technologie in die Verpackungswertschöpfungskette erfordert erhebliche Vorabinvestitionen in Infrastruktur, Software und Schulungen. Zudem wird qualifiziertes Personal für Design, Implementierung und Wartung benötigt. Dennoch dürften KI-basierte Lösungen langfristig zu Kosteneinsparungen führen und die Wettbewerbsfähigkeit und Umweltleistung von Unternehmen erhöhen.
Der Einsatz von KI bietet enorme Chancen für die Verpackungsindustrie, nachhaltiger und ressourcenschonender zu werden. Durch datenbasierte Innovationen können Materialien effizienter genutzt, Emissionen reduziert und Recyclingprozesse optimiert werden. Projekte wie „KIOptiPack“ zeigen, wie Forschung und Industrie gemeinsam innovative Lösungen entwickeln können. Um die Vision einer nachhaltigeren, kreislauforientierten Bioökonomie für die Verpackungsindustrie Wirklichkeit werden zu lassen, spielt KI eine zentrale Rolle. Das SPI unterstützt die Verpackungsindustrie auf ihrem Weg zu einer nachhaltigeren kreislauforientierten Bioökonomie durch Projekte wie „KIOptiPack“ und „PackMit“, indem nicht nur an KI-Tools für mehr Kreislaufwirtschaft geforscht wird, sondern auch Wissenstransfer für Packmittelexperten betrieben wird.
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