sweets processing 9-10/2022

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

ZDS

 
 
 
 
 

Viele Projekte zur Optimierung der Schokoladenqualität

Die 57. Arbeitstagung der AG Schokoladentechnologie der Industrievereinigung für Lebensmitteltechnologie und Verpackung (IVLV) bescherte den Teilnehmern eine Fülle neuer Einsichten in die verschiedenen Bereiche der Schokoladenherstellung. Die Vorträge zu den Themen Fettreif, Aroma und auch Messtechniken sorgten immer wieder für intensive, durchaus kontroverse Diskussionen im Auditorium.

Von Alfons Strohmaier


Unter dem Titel „Zukunftstage“ fand die 57. Sitzung der IVLV-Arbeitsgruppe Schokoladentechnologie mit 100 Teilnehmern in Freising statt. Dipl.-Ing. Tobias Voigt, Geschäftsführer der Industrievereinigung für Lebensmitteltech­nologie und Verpackung e. V. (IVLV), freute sich in seiner Begrüßungsrede über die erste Präsenzveranstaltung nach zwei Jahren. „Endlich wieder die Menschen persönlich zu treffen und sich nicht nur digital auszutauschen“, war auch für Oliver Stricker von der August Storck KG und Marc Lutz von Migros Industrie AG ein besonderes Anliegen. Die beiden Obmänner des IVLV wurden von der Versammlung für weitere zwei Jahre in ihrem Amt bestätigt. Sie führten anschließend kompetent durch das Programm, das viele aktuelle Erkenntnisse und Projekte sowie neueste Forschungs­ergebnisse und auch offene Fragestellungen zu den Themenkomplexen Fettreif, Aroma, Messtechnik und ­Applikation bereithielt. Darüber hinaus wurden IVLV-Kurzprojekte vorgestellt, darunter das Projekt zu Oleogelen (siehe Beitrag auf Seite 32).

In der Session „Fettreif” gab Christa Schuster-Salas einen Überblick über verschiedene ZDS-Seminare, während Barbara Schütz vom Fraunhofer IVV zum Thema „Forcierte Lagertests – wann zeigt sich erster Fettreif?“ referierte. Mit einer neuartigen Sicht zur Rolle des Wassers während des Conchierens, insbesondere beim Aromatransfer sorgte Dr. Gottfried Ziegleder, Grandseigneur der Schokoladenforschung, wohl für die größte Überraschung. Dr. Ziegleder war mehr als 30 Jahre am Fraunhofer IVV in der Schokoladenforschung tätig. „Doch den Einfluss des Wassers auf die Aromabildung haben wir nie besonders beachtet“, begann er seine ­Ausführungen. Dabei habe Wasserdampf eine Vielzahl physikalischer Effekte, etwa einen Träger­effekt für Aromafreisetzung, Diffusion, Desorption und vieles mehr.

Können demnach Feuchtigkeit und Temperatur neben Energie-Input und den Scherenkräften möglicherweise die Aromaübertragung in der Conche beeinflussen – sowohl bei dunkler als auch bei Vollmilchschokolade? Eine neuartige Perspektive, die bereits in aktuelle Projekte einfließt.

So berichteten Isabell Rothkopf, die wissenschaftliche Betreuerin der IVLV-Arbeitsgruppe, und Yvonne Guckenbiehl vom Fraunhofer IVV über die Themen„SchokoHumid – Wasser­gehaltsbestimmung in Schokoladen-Rohstoffen und Einfluss des Wassers auf den Aromaaustrag beim Conchieren dunkler Schokolade“ sowie über „SchokoSorp: Einfluss von Wassersorption auf den Aromatransfer“. Schließlich geht es auch darum, wie der Wassergehalt während der Schokoladenproduktion durch verschiedene Rohstoffe beeinflusst wird und wie durch die gezielte Wahl der Conchierparameter die Aromaentwicklung kontrolliert werden könne.

Wie Yvonne Guckenbiehl aufzeigte, könne aus den Daten ein Modell und eine Software entwickelt werden, die sowohl im Labor wie im industriellen Maßstab Anwendung finden könnte. Um Daten einzelner Maschinen und Anlagen besser abzustimmen, hat der Lehrstuhl für Brau- und ­Getränketechnologie der TU München die Weihenstephaner Standards (WS)entwickelt, die in der Brau- und Foodbranche bereits weltweit anerkannt sind. Romy Ries vom Lehrstuhl zeigte, wie mit „WS Sweets” auch in der Süßwarenproduk­tion zukunftssichere Standards zur effizienten Maschinenintegration etabliert werden können.

Ein weiterer Tagungsschwerpunkt mit vielen neuen Ansätzen war der Themenblock Analyse, Messtechnik und Applikation. Eine der zahlreichen Projektideen, die präsentiert wurden, ist die „Messung von Fettmigration mittels Hyperspektralkamera“, die als IVLV-Projektvorschlag aus den ­Arbeitsgruppen für eine direkte ­Förderung mit Eigenmitteln der IVLV für 2023 ins Rennen geht. Der Einsatz von Hyperspektralkameras ermöglicht dabei, chemische Informationen in Form von Bildern darzustellen. Das „Chemical Imaging“ beruht auf dem Prinzip der Nahinfrarotspektroskopie.

Weitere neue Technologien, die auch für intensive Diskussionen im Plenum sorgten, sind Messungen via Nuclear Magnetic Resonance (NMR) und mit dem Closed Cavity Rheo­meter (CCR). Dabei verglich Hilke Schacht vom Fraunhofer IVV die herkömmlichen Methoden zur Messung der Ölmobilität mit der NMR-Technologie, wobei erste Aussagen über verschiedene Einflussgrößen auf das mobile Fett getroffen wurden. Allerdings sei die Quantifizierung des mobilen Fetts mit Hilfe der NMR noch nicht möglich, erklärte Hilke Schacht. Hierzu wird die Methode in Zusammenarbeit mit dem Karlsruher Institut für Technologie (KIT) weiterentwickelt.

CCR als potenzielle Methode zur rheologischen Charakterisierung hochviskoser Massen untersucht Isabell Rothkopf, wobei ein entscheidender Vorteil die Überwachung der Zwischen­produkte bei der Schokoladenherstellung sei. Diese Art der Oszillationsrheologie erlaube die Bestimmung von zwei weiteren Messparametern, die zusätzliche Informationen über den strukturellen Charakter der Probe liefern. Die Erkenntnisse über die Auswirkungen der einzelnen Prozessschritte auf die endgültigen rheologischen Eigenschaften der Schokolade können von großem Nutzen sein, um den Prozess effizient zu steuern und zu optimieren und vor allem, um die Qualität des Endprodukts besser vorhersagen zu können.

Wie Software-gestützte Konzepte die sensorische Arbeit unterstützen können, zeigten Andrea Strube und Dr. Andreas Grasskamp, beide vom Fraunhofer IVV, am Prinzip der Gas­chromatographie-Olfaktometrie. Mit Whisky SOdA, der Smart Odor Analytics, könne man nunmehr Whisky ­automatisch beurteilen. SOdA basiert auf Austausch und Konsolidierung von Expertenwissen als Da­tenmate­rial für weitere Auswertungen und stelle die Zukunft effizienter Aromaanalytik dar, sagte Dr. Grasskamp.

Bei der Whisky-Verkostung im Rahmen der Abendveranstaltung kam es hingegen wieder ganz auf die persönlichen sensorischen Fähigkeiten und die eigenen Geschmacksvorlieben der Teilnehmer an. Auf jeden Fall sorgte die Verkostung mit der Whisky- und Aroma-Expertin Helen Haug vom Fraunhofer IVV für eine Belebung des Events. Dies sollte bei den künftigen Tagungen beibehalten werden, war der einhellige Tenor.

Die „Zukunftstage Schokoladentechnologie 2023“ finden am 27. und 28. Juni 2023 in Freising statt.

 

http://www.ivlv.org


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